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Das Netzwerk der Neuen Rechten

Es gibt sie noch: Die Journalisten, die wirklich recherchieren dürfen, deren Zeitungen stark genug sind, sie nicht nur für Recherchen freizustellen, sondern ihnen auch den Rücken freihalten und am Ende auch noch Zeit geben, die Recherchen in ein dickes Buch zu packen. Und wenn man das Buch in der Hand hat, ahnt man, was drei Jahre Recherche im Netzwerk der Neuen Rechten bedeuten. Schon vor der Veröffentlichung des Buchs »Das Netzwerk der Neuen Rechten« im März 2019 gingen im Rowohlt Verlag – erfolglose – Anträge ein, es zu stoppen. Seine Autoren erhielten Drohungen per E-Mail und in sozialen Netzwerken. Anscheinend hatten die beiden »Zeit«-Journalisten Christian Fuchs und Paul Middelhoff einen Nerv getroffen.
Die Autoren liefern einen grundlegenden Überblick über die Strukturen der sogenannten Neuen Rechten. Als Neue Rechte werden Rechtsradikale bezeichnet, die sich an einer Modernisierung rassistischer und faschistischer Politik versuchen. So beleuchten die Autoren zum Beispiel Medien wie das Magazin »Compact« von Jürgen Elsässer, Denkfabriken wie Götz Kubitscheks Institut für Staatspolitik, Netzwerke wie die Identitäre Bewegung, Parteien wie die AfD und die Verbindungen zwischen ihnen und auch ins Ausland.
Für das Buch sind sie durch Deutschland und Europa gereist und haben die wichtigsten Protagonisten der Szene getroffen. Sie waren geheimen Spendern in der Schweiz auf der Spur und mit einem AfD-Politiker in Serbien unterwegs. Sie hatten Zutritt zum Haus der Identitären Bewegung, waren auf einem Festival der Guerilla-Aktivisten und trafen den Chef von Deutschlands erfolgreichster Hetzseite zum Gespräch in dessen Küche. Während der Recherchen wurden sie bedroht, angelogen und gerieten in den Shitstorms einer rechten Trollarmee.
Dieser Report enthüllt zum ersten Mal das ganze Ausmaß des Milieus – seine ideologischen Grundlagen, seine führenden Köpfe, seine wichtigen Zeitschriften, Verlage, Internet-Plattformen, Burschenschaften und die geheimen Finanziers. Viele Verbindungen führen zur AfD, die zum Gravitationszentrum der Strömung geworden ist. Die Autoren zeigen, wie die Neue Rechte versucht, die gesellschaftliche Mitte zu übernehmen. Ihre Erkenntnisse sind alarmierend
Die Autoren bringen dabei an sich wenig Neues ans Licht und lassen auch ein paar Lücken. Doch ihre Zusammenstellung ist in ihrer Dichte dennoch hilfreich. Der Aufbau des Buches betrifft außerdem verschiedene Ebenen der rechten Aktivitäten. Das macht das strategische Vorgehen der führenden Köpfe gut deutlich. Für das Klima, in dem die Neue Rechte agieren kann, sind auch Mainstreampolitiker wie Horst Seehofer (CSU) verantwortlich. Das hätten die Autoren deutlicher machen können, auch wenn sie die Verantwortung von Thilo Sarrazin (SPD) und Erika Steinbach (Ex-CDU) klar benennen. Neben dem Buch steht eine interaktive Karte unter www.neuerechte.org zur Verfügung. Dort können Userinnen und User auch Hinweise zu weiteren Verbindungen hinterlassen.